




Bettina Hochreiner und Eva-Maria Kunkelmann darüber, was es bedeutet in einem CSR-zertifizierten Unternehmen zu arbeiten und warum Weltweitwandern auch immer wieder neue Wege einschlägt.
Angelika: CSR war ja von Anfang an Teil der Unternehmensphilosophie von Weltweitwandern. Wie definiert Weltweitwandern denn Corporate Social Responsibility?
Eva Maria: Weltweitwandern ist ja ganz untypisch entstanden, nämlich aus einem Sozialprojekt heraus. Christian Hlade, unser Geschäftsführer, ist ursprünglich Architekt und hat eine Solar-Schule im Himalaya gebaut, und hat angefangen Reisen dorthin zu organisieren, um das Projekt zu finanzieren. Das hat ihm so viel Spaß bereitet, dass er gesagt hat er gründet einen Reiseveranstalter. Von daher ist von Anfang an vor allem der soziale Aspekt sehr stark vertreten gewesen. Für uns ist Corporate Social Responsibility ein Begriff, den wir dazu nutzen unseren ganzen Aktivitäten einen Namen zu geben. Im Kern bedeutet das für uns, dass alle Leute die mit Weltweitwandern zu tun haben, seien es Partner, andere Stakeholder, seien es Kunden oder Mitarbeiter, dass jeder sein Stück vom Kuchen bekommt. Das ist für uns CSR oder Nachhaltigkeit, dass jeder davon profitiert, nicht nur kurzfristig, sondern eben auch langfristig.
Seit 2009 seid ihr sogar CSR-zertifiziert, mit dem Gütesiegel TourCert. Kannst du mir etwas darüber erzählen? Wie seid ihr dazu gekommen? Welche Kriterien waren und sind dafür einzuhalten?
Eva Maria: Anfangs wurde CSR bei Weltweitwandern sehr viel aus dem Bauch heraus gemacht. Seit einigen Jahren sind wir Mitglied im Forum Anders Reisen, das sich vor allem für nachhaltigen Tourismus einsetzt. Es gibt einen Kriterienkatalog, den man erfüllen muss, um dort Mitglied zu sein. 2007 haben sie begonnen ein Siegel zu entwickeln, um die Bestrebungen einzelner Reiseveranstalter extern validieren zu lassen und auch für die Kunden deutlicher zu machen, dass es Veranstalter gibt, die übers Mittelmaß hinaus sehr viel machen. Da waren wir von Anfang an ein Pilot-Unternehmen. Seit dem gehen wir das, was wir bis dahin aus dem Bauch heraus gemacht haben, strategischer an.
Welchen Stellenwert hat das Siegel für euch?
Eva Maria: Wir können damit zeigen, dass unsere Maßnahmen auch von außen begutachtet werden und, dass wir uns auf die Finger schauen lassen. Intern bedeutet es vor allem, dass wir das Ganze strukturierter angehen können, dem auch einen Namen geben. Teil dieses Gütesiegels ist ein Verbesserungsprogramm, das jedes Jahr angeschaut wird und immer wieder bei Klausuren und Besprechungen - auch mit Partnern - herangezogen wird. Einfach ein stetiger Verbesserungsprozess.
Stichwort Transparenz also.
Eva-Maria: Absolut. Teil davon ist auch der CSR-Bericht oder auch Nachhaltigkeitsbericht, in dem wir offen darlegen, wie wir wirtschaften und wo auch unsere Schwachpunkte sind an denen wir arbeiten.
Um den Prozess und die Zertifizierung besser nachvollziehen zu können, könnt ihr erklären, was das konkret für euch im Alltag bedeutet?
Bettina: Im Grunde hat es für uns als Mitarbeiter sehr viele Vorteile. Es wird aber schwer, wenn man neue Reisen organisieren muss. Also konkret schaut es so aus: Wir haben einen Werte-Katalog, der wird dem Partner geschickt und der muss verstehen, um was es (uns) geht. Das ist ein schwieriger Prozess, da man die richtigen Partner finden muss, die uns auch die Möglichkeiten geben Besonderheiten anzubieten. Der Vorteil ist natürlich im Nachhinein, wenn wir solche Partner haben, sind das meistens Leute oder Firmen, die gleich denken wie wir. Das heißt, wenn das Baby einmal läuft, haben wir sicher weniger Arbeit, weil wir uns auf die Partner voll und ganz verlassen können. Es ist natürlich ein Geben und Nehmen, wo wir dann schauen, dass die Leute vor Ort was davon haben. So beeinflusst das Gütesiegel bzw. CSR unsere Arbeit.
Auch was unser Arbeitsklima betrifft. Wir haben ein tolles Arbeitsklima, was sicher auch damit zu tun hat; weil wir natürlich CSR nach außen hin tragen. Unser Chef würde ja nicht glaubwürdig wirken, wenn wir alle voll deprimiert in der Firma sitzen und das ist natürlich unser großer Vorteil.
Gibt es Beispiele von Aktivitäten die gesetzt werden?
Bettina: Da gibt es ganz viele. Die größte Aufmerksamkeit gilt zwei Sachen: Dem gemeinsamen Kochen und unserem Wuzzeltisch (Tischfußball, lacht). Beim Kochen hat immer einer Dienst und es wird gemeinsam zu Mittag gegessen und dabei versucht nicht von der Arbeit zu sprechen. In der Pause danach wird dann meist gewuzelt. Vor allem neue Mitarbeiter kommen so sehr schnell in die Clique rein. Es macht enormen Spaß und man entwickelt auch ein bisschen Ehrgeiz dabei, was fürs Firmenleben auch nicht so schlecht ist.
Außerdem machen wir einmal die Woche gemeinsam Yoga. Das so sind Sachen, die nicht selbstverständlich sind.
Eva-Maria: Sind wir begeistert, ist der Kunde begeistert und das kommt dann auch wieder auf demselben Weg zurück. Das ist nicht nur auf das Team im Büro beschränkt, sondern das geht bis in die Destinationen, wo wir unsere Partner zum Beispiel bei der Ausrüstung der Guides unterstützen, oder bei Deutschkursen. Wir schauen, dass das was uns als Team hier in Graz wichtig ist, auch bei den Partnern ankommt.
Stichwort Destinationen. Ihr habt neue Destinationen, eine neue Produktlinie, für die du Bettina verantwortlich bist. Erzähl doch bitte was darüber!
Bettina: Gerne. (mit einem Strahlen)
Es ist so. Weltweitwandern ist ja für wandern und bergsteigen bekannt. Durch die neuen Medien, bekommt man neue Zielgruppen und das Feedback, dass es viele gibt, die unsere Destinationen besuchen wollen und unsere Philosophie und Werte vertreten, aber wir nicht das Produkt für sie haben. So ist die Idee entstanden. Uns ist wichtig, dass wir das was wir unseren Wandergruppen bieten auch Menschen bieten, die andere Bewegungsarten vorziehen. Diese speziellen Augenblicke im Leben, die man hat, wenn man zum Beispiel bei einer Nomadenfamilie ist und deren Welt sieht. Diese Momente kann man nicht nur beim Wandern erleben, sondern auch zum Beispiel beim Reiten, Radfahren, beim Kajaken oder Raften. Jeder Mensch ist anders und deshalb bieten wir verschiedene Aktivitäten an, aber in Form einer Weltweitwandern-Reise. Das heißt die Philosophie bleibt dieselbe, es ist nur eine andere Bewegung. Das ist InMotion.
Kann man sagen, dass die Zielgruppe eine jüngere ist?
Bettina: Das war die erste Überlegung und das hat auch die Statistik auf Facebook gezeigt. Wir haben letztes Jahr auch eine Umfrage gestartet und ein ganz interessantes Ergebnis rausbekommen, nämlich zum Beispiel, dass über 40% unserer bestehenden Kunden auch gerne andere Aktivitäten mit uns machen würden. In weiterer Linie wollen wir vor allem Singles oder Alleinstehende ansprechen, die nicht alleine Sport betreiben, oder nicht unbedingt mit lauter Extremsport-Freaks unterwegs sein wollen, sondern einfach genießen.
An euch beide gerichtet: Auch wenn du Bettina die Idee entwickelt hast, ist das ganze Team eingebunden. Könnt ihr mir anhand einer InMotion-Reise - nehmen wir zum Beispiel Reiten in Island - erklären, wie so eine Reise entsteht, wie man Partner findet und das unter Berücksichtigung der CSR-Kriterien?
Bettina: Der Vorgang ist der gleiche wie bei einer Wanderreise. Man muss einen Partner suchen, wobei wichtig ist, dass wir diese potenziellen Partner überprüfen. Es gibt ein Treffen, nach dem man sehr gut abschätzen kann, ob sie zu uns passen. Gerade bei Reiten zum Beispiel müssen die Pferde natürlich in einem guten Zustand
In welchen Ländern gibt es denn Schwierigkeiten und welche?
Eva-Maria: Manchmal ist es schwierig gute Deutsch sprechende Guides zu finden. Ladakh in Nordindien ist zum Beispiel so ein Fall. Da investieren wir sehr viel in Deutschkurse. Letztes Jahr war eine Österreicherin ein paar Monate vor Ort und hat Deutsch unterrichtet. Wir bieten auch Weiterbildungen in Erste Hilfe, wo jemand vom Roten Kreuz in Nepal war und die Guides ausgebildet hat.
Bettina: In der Mongolei haben wir einen guten Partner, der schon tolle Guides hat, die alle Deutsch sprechen. Mongolei/Dschinghis Khan/Reitervolk: das ist das was jeder kennt. Dort gibt es sozusagen die Super-InMotion-Reise mit deutschsprachigen Guides, immer Pferden zum Wechseln und Übernachtungen bei Nomadenfamilien. Da man querfeldein reitet, trifft man in der Steppe vielleicht auf mongolische Reiter. Diese Begegnungen sind einzigartig und ohne gute Partner wäre das nicht möglich.
Auch in Nepal haben wir ein super Team, das für uns Mountainbiketouren macht. Dort fährt man zum Beispiel mit dem Rad durch das Kali Gandaki Tal und dann mit dem Raft zurück.
Was unbedingt zu unseren Aktiv-Reisen zu sagen ist: dass es Kriterien gibt, die hier nicht so leicht zu erfüllen sind, wie bei den Wanderreisen. Bei den meisten InMotion-Reisen sind die Flüge nicht dabei.
Eva-Maria: Wichtig zu wissen ist, dass die Kriterien vom Forum Anders Reisen so sind: keine Flüge bis 800km und bis 2000km muss der Aufenthalt länger als eine Woche dauern.
Bettina: Das sind so die Herausforderungen, da man von einem Kunden ja nicht erwarten kann, dass er 3 Wochen durch die Mongolei reitet. Daher sind die Aktiv-Reisen so geplant, dass wir einen kürzeren Zeitraum für die Aktiv-Programme anbieten und wir uns wünschen, dass die Kunden im Vorhinein oder Nachhinein die Reise verlängern und auf eigene Faust das Land erkunden.
Welche InMotion-Reise würdet ihr selber gerne machen.
Bettina: Ich mach sicher mehrere. (lacht)
Ich bin Reiterin, also für mich ist die Mongolei der Traum. Weil ich finde, dass das der Weg ist die Mongolei kennenzulernen. Für mich das perfekte Bild einer InMotion-Reise. Wobei mich auch eine Surf-Reise nach Spanien sehr reizt. Ich finde viele so toll, dass ich wohl mehr Urlaub machen müsste als zu arbeiten. (lacht)
Eva-Maria: Das Pendent zur Mongolei ist Island mit Islandpferden.
Bettina: Also wir sind beide Reiterinnen und so reizen uns die Reit-Reisen.
Um nochmal auf das Thema CSR und TourCert zurückzukommen. Ich nehme an ihr strebt es an, dass das Ganze verlängert wird.
Eva-Maria: Natürlich. Wir waren ja bei den Ersten die zertifiziert wurden und somit auch schon bei den Ersten die 2011 re-zertifiziert wurden. Am Anfang waren es zwei Jahre und jetzt ist es gültig bis 2014.
Was aber jedes Jahr gemacht werden muss, ist dieses Verbesserungsprogramm. Das heißt, wir setzen uns immer Anfang des Jahres zusammen und schauen, was hat letztes Jahr im Verbesserungsprogramm gestanden, was wurde gemacht, welche Maßnahmen werden für dieses Jahr gesetzt, wo können wir uns verbessern. Für die einzelnen Bereiche gibt es jeweils Verantwortliche und Zeitpläne.
Macht ihr das für euch oder mit TourCert zusammen?
Eva-Maria: Nein das machen wir.
Und wie funktioniert die Kommunikation mit TourCert?
Eva-Maria: Wir schicken dieses Verbesserungsprogramm an TourCert, die schauen sich das an und kontrollieren auch, dass die definierten Ziele uns auch wirklich weiterbringen. Und an diesen Zielen arbeiten wir dann das ganze Jahr.
2014 werden dann die ganzen Unternehmenszahlen neu erhoben und auch die Partner und Hotels miteingebunden. Jeder bekommt Checklisten, die ausgefüllt werden müssen. Da sind nicht nur alle Mitarbeiter hier im Büro damit beschäftigt, sondern auch unsere Partner und alle, die irgendwie zur Reiseentstehung beitragen.
Da bleibt mir nur zu sagen: Keep up the good work!
Infobox
TourCert ist eine unabhängige Zertifizierungsgesellschaft. Die Prüfungen finden alle 2-3 Jahre in den Bereichen Umwelt, Soziales und Wirtschaft statt. Jährliche Nachhaltigkeitsberichte und Verbesserungsprogramme sind für jedes zertifizierte Unternehmen Pflicht.
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